Preisverleihung 2005

Laudationes für die Preisträger


Annika Voss, Daniel Rademacher, Stefan Bruns, Björn Willenberg

Die vier von Herrn Prof. Blum vorgeschlagenen Studierenden der Physik Annika Voss, Daniel Rademacher, Stefan Bruns und Björn Willenberg erhalten den Braunschweiger Bürgerpreis 2005 für ihre herausragenden Leistungen bei der Planung und Durchführung von Schwerelosigkeitsexperimenten im Bremer Fallturm. Sie haben im Rahmen eines Mikrogravitationspraktikums am Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik weitgehend selbstständig eine autonom arbeitende Apparatur zur erstmaligen Sichtbarmachung der rotatorischen Brownschen Bewegung kleiner Partikel aufgebaut. Dabei erschloss die Gruppe ein für sie völlig neues Gebiet der Experimentalphysik -- man beachte, dass die vier Preisträger im Zeitraum von Experimentaufbau und -durchführung im dritten bzw. vierten Semester waren --, das die Bereiche Vakuumtechnik, Hochgeschwindigkeits-Bildaufnahme, digitale Bildverarbeitung und Steuerelektronik umfasste.

Nach kurzer Einarbeitungszeit waren die Probleme erkannt und Lösungsstrategien ausgearbeitet. Viele eigene Lösungsansätze, darunter die eigenhändige Herstellung eines halbdurchlässigen Spiegels am Fraunhofer-lnstitut für Schicht- und Oberflächentechnik, brachten das Experiment in wenigen Wochen zur Einsatzreife. Jedes Experimentatorentreffen wurde sorgfältig protokolliert, damit bei späteren Problemen auf die niedergeschriebenen Erfahrungen zurückgegriffen werden konnte. Neben dem Aufbau des Experiments haben die vier Studierenden die für die Realisierung des Vorhabens notwendige vierzehntägige Kampagne am Bremer Fallturm mit insgesamt 15 Abwürfen eigenständig geplant, vorbereitet und mit großem Erfolg durchgeführt. Die Fallturmkampagne verlief von Anfang an nahezu problemlos, was selbst bei erfahrenen Fallturmnutzern nur äußerst selten gelingt. Die vier Studierenden gingen während des Aufenthalts in Bremen sehr gewissenhaft und systematisch vor, was für die Datensicherung und .die Konditionierung des nachfolgenden Flugs von großer Wichtigkeit war. Der freiwillige, durch das Interesse an dem Projekt, dem zu ergründenden physikalischen Phänomen und der Neugier an Schwerelosigkeitsforschung begründete Arbeitseinsatz der Gruppe, der weit über das für ein Praktikum geforderte Maß hinausging, war im Laufe der halbjährigen Planungs-, Aufbau und Experimentphase beträchtlich und ließ zu keiner Zeit nach.

Das sehr disziplinierte Arbeiten der Vier war dabei Garant für den erfolgreichen Ausgang des Projekts auf einem Gebiet, in dem sie keinerlei Erfahrungen aus ihrer Ausbildung mitbringen konnten. Eine erste Bearbeitung der gewonnenen Daten schürt große Erwartungen an die Ergebnisse, die der Öffentlichkeit am 4. Februar 2006 im Rahmen der im Physikzentrum der TU Braunschweig stattfindenden Reihe „Physik am Samstagmorgen" durch die Studierenden vorgestellt werden. Annika Voss, Daniel Rademacher, Stefan Bruns und Björn Willenberg haben sich kurz nach der Aufnahme des Physikstudiums im Wintersemester 2003/2004 bei gemeinsamen Hausaufgaben kennen gelernt. Seitdem arbeiten sie regelmäßig in der Gruppe zusammen und unternehmen auch gelegentlich in ihrer Freizeit gemeinsam das Eine oder Andere. Derzeit sind sie sehr engagiert bei der Konzeptionierung eines weiteren Fallturmexperiments -- diesmal mit Bezug auf granuläre Medien und die Oberflächen kleiner Körper im Sonnensystem - und sehen ihre berufliche Zukunft im Bereich von Forschung und Lehre.

Steffen Rump

Herr Steffen Rump studiert im 7. Semester Biologie. Nach bestandenem Vordiplom, das er in sämtlichen Prüfungen mit der Note „SEHR GUT“ ablegte, wurde er auf Grund seiner bisherigen Studienleistungen in die "Studienstiftung des Deutschen Volkes" aufgenommen. Im Hauptstudium hat er sich für eine Fächerkombination der molekularen Biowissenschaften entschieden und sehr zielstrebig studiert. Herr Rump hat in der kürzestmöglichen Zeit eine Fülle von Pflicht- und Wahlpflichtpraktika absolviert, so dass er zu Anfang des 7. Semesters alle notwendigen Scheine für das Ablegen der Diplomprüfung in den Händen hielt. Es ist damit absehbar, dass Herr Rump sein Studium nach nur 8 (!) Semestern abschließen wird.

Herr Rump studiert aber nicht nur ausgesprochen schnell und sehr gut, er hat auch erkannt, dass er seine ausgeprägten Grafik-Computerkenntnisse einsetzen könnte für die Visualisierung komplexer zellbiologischer Vorgänge in der Pflanzenbiologie. In Absprache mit Herrn Prof. Mendel, der das Fach Zellbiologie der Pflanzen vertritt, hat Herr Rump entsprechende dreidimensionale Animationen für die Lehre programmiert. Diese Animationen wurden erfolgreich im Fach Pflanzenbiologie eingesetzt und im Sommer dieses Jahres auch auf einer internationalen Konferenz in Oxford/Großbritannien gezeigt.

Und ein letzter Punkt: im vergangenen Jahr fand in Braunschweig die "Botanikertagung 2004" statt, ein Kongress mit mehr als 1000 Teilnehmern. Herr Mendel war der Präsident des Kongresses, und da er Herrn Rumps Computerfähigkeiten kannte, übertrug er ihm kurzerhand die Gesamtleitung für die Videoprojektion. Herrn Rump – damals im 4. Semester – koordinierte sechs Hörsaal-Teams, die fünf Tage lang die Projektion von insgesamt 290 Vorträgen durchführten. Es gab keinen einzigen Ausfall, und es war besonders die absolut reibungslose Videoprojektion, die immer wieder von den Kongressteilnehmern lobend hervorgehoben wurde.

Linda Wittenfeld

Frau Wittenfeld ist am 19.08.1983 in Minden geboren und erfährt dort auch ihre Schulaus­bildung. Bereits hier kristallisiert sich ihre große Begabung und ihr großes Interesse für die Mathematik und die naturwissenschaftlichen Fächer heraus. Für ihre besonderen Leistungen im Bereich Mathematik und Physik wird sie direkt nach ihrer Schulausbildung von der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet. Neben ihren rein fachlichen Interessen kann Frau Wittenfeld Sommerschulen und Praktika im Ausland absolvieren, nimmt erfolgreich an „Jugend musiziert-Wettbewerben“ teil und betreut in ihrer Kirchengemeinde Jugendgruppen. Einschneidend ist ihre Teilnahme an „Global Young Leader Conference" in den USA, in der sie ihren Leitsatz „Be the change you wish to see in the world" prägt.

Frau Wittenfeld studiert seit dem Wintersemester 2003/2004 Bauingenieurwesen und wechselt im April 2004 in einen mathematisch ausgerichteten Studiengang an der Technischen Universität Braunschweig. Seit dem 4. Semester wirkt sie als studentische Hilfskraft an Forschungsvorhaben des Instituts für Statik mit. Hier zeichnet sich Frau Wittenfeld durch persönliche Bescheidenheit, fachliche Kompetenz und eine hohe Motivation aus. Im Bauingenieurwesen vertieft Frau Wittenfeld ihr besonderes Interesse für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer, da sie hier die oft praxisorientierten Vorgehensweisen im Ingenieurwesen tiefer hinterfragen kann. Sie legt hier exzellente Leistungen vor und kann im Mittel über alle Fächer ebenfalls sehr gute Leistungen nachweisen. Sie gehört hiermit zu den besten 5 % unserer Studierenden der letzten Jahre.

Frau Wittenfeld ist außerordentlich begabt. Wenn Sie trotz herausragender Leistungen im Bauingenieurwesen in einen anderen Studiengang wechselt, so geschieht dies aus innerer Überzeugung und der tiefen Einsicht, dass sie sich persönlich anderen Wissenschaften verschreiben möchte. Dies verdient Respekt, besonders weil sie ihre Berufung im Ausbildungsbereich sieht und dort die Grundlagen der Natur- und Ingenieurwissenschaften an junge Menschen weitergeben und sie zu wissenschaftlicher Arbeit anregen möchte. Aufgrund ihrer herausragenden Studienleistungen und ihres sozial- und gesellschafts­politischen Engagements möchte ich auf Vorschlag des Fachbereichs für Bauingenieurwesen Frau Wittenfeld den „Braunschweiger Bürgerpreis" 2005 verleihen.

Sami Hamwi

Herrn Sami Hamwi hat mit dem Sommersemester 2005 sein achtes Fachsemester abgeschlossen und steht kurz vor dem Diplom. Der derzeitige Notenspiegel des Hauptstudiums (Durchschnittsnote 1,15) belegt bereits die herausragende Stellung dieses Studierenden im Bereich der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik. Herr Hamwi hat als Studienschwerpunkt Informationstechnik gewählt. Der fachliche Eindruck in mehreren Spezialvorlesungen war jeweils uneingeschränkt brillant. Herr Hamwi ist Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Er wurde erst nach dem Vordiplom aufgrund des Hochschulvorschlags in die Studienstiftung aufgenommen. Seine damalige Vordiplomnote „mit Auszeichnung" (Durchschnittsnote 1,0) wurde zumindest im Erinnerungszeitraum der Fakultätsmitarbeiterinnen von keinem weiteren Studierenden erreicht.

Herr Hamwi zeichnet sich trotz seiner hervorragenden Leistungen durch Bescheidenheit und Zurückhaltung aus. Trotz seines eher stillen Wesens fiel er wiederholt durch besondere Hilfsbereitschaft zu Kommilitonen auf und genießt in seinem Semester Ansehen und Beliebtheit. Herr Hamwi belegt nicht nur durch rege Mitarbeit in den Vorlesungen und Praktika sein reges Studieninteresse, er engagiert sich auch regelmäßig als Übungs- und Praktikumsbetreuer in der Lehre. Die hieraus gewonnenen didaktischen Erfahrungen konnten wiederholt in Vorträgen erkannt werden, in denen er auch gute Sprachkenntnisse bewiesen hat. Herr Hamwi wurde für sein bereits erwähntes exzellentes Vordiplom mit dem Philips-Vordiplomspreis ausgestattet. Ein kurzes Zitat hierzu aus seinem (vertraulichen) Studienstiftungs-Semesterbericht belegt seine Zielstrebigkeit und Leistungsbereitschaft: „Damit ist es ein schöner Preis, aber keiner, auf dem man sich ausruhen sollte."

Auch die Industrie hat bereits seine Qualitäten erkannt: Nachdem er kurz bei Siemens vorgestellt wurde, wurde er ohne Bewerbung als Werksstudent (Praktikant) eingestellt. Gelüste, ihn zunächst als externen Diplomanden und anschließend als Doktoranden dort zu halten, werden wohl in nächster Zeit abgewehrt werden müssen, da er hier für die Diplomarbeit und die anschließende Promotion gewonnen werden sollte. Hoffen wir, dass Herr Prof. Kowalsky dabei Erfolg hat. Von ihm wurde Herr Hamwi vorgeschlagen.

Lena Demann

Frau Lena Demann studiert an der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen, Studienrichtung Haupt- und Realschulen mit den Fächern Mathematik und Deutsch. Sie wurde von der Fakultät für Geistes- und Erziehungswissenschaften auf Anregung von Frau Prof. Jürgens vorgeschlagen. Frau Demann fiel schon früh durch sehr gute Leistungen im Studium auf und legte alle Prüfungen vorzeitig ab. Dies ist um so mehr zu würdigen, als Frau Demann regelmäßig neben dem Studium arbeiten muss, um zur Finanzierung ihres Studiums beizutragen. Daneben fand Frau Demann noch Zeit, sich für ihre Mitstudierenden zu engagieren, indem sie über drei Semester Übungsgruppen für Studienanfänger leitete.

Als Examensarbeit untersuchte Frau Demann im Rahmen eines größeren Schulforschungsprojekts die Reaktionen unterschiedlicher Schülergruppen auf ein Programm zur Gewaltprävention mit Konfliktlotsen. Hierzu war eine gründliche Kenntnis empirischer Forschungsmethoden notwendig. Da empirische Forschungsmethoden nicht zum Studienplan von Lehramtsstudierenden gehören, eignete sich Frau Demann diese Kenntnisse völlig selbständig an und zeigte in ihrer Arbeit, dass sie tatsächlich die erforderlichen Methoden souverän beherrscht und auch hier in ihren Leistungen weit über dem Durchschnitt liegt.

Frau Demann bewies hier ein Ausmaß an Interesse, das sich nicht nur auf das Anfertigen der Arbeit beschränkte. Sie arbeitete über die Zeit der Anfertigung der Examensarbeit hinaus sechs Monate Lang freiwillig im Projekt mit, beteiligte sich an Befragungen, informierte sich gründlich aber die Rahmenbedingungen und investierte viel Zeit, um die schulischen Partner zu unterstützen. Frau Demann hat ihr Studium bislang nicht nur außerordentlich zügig und erfolgreich absolviert, sie zeichnet sich darüber hinaus durch hohes Engagement und breites Interesse aus, die weit über die Zielsetzung des Studiums hinausgehen. Ebenfalls hervorzuheben ist ihr sehr hohes Interesse für wissenschaftliche Fragestellungen und die außergewöhnliche Kompetenz und Selbständigkeit in diesem Bereich.

Jan Fabian Ehmke

Jan Fabian Ehmke wurde von der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften auf Anregung von Herrn Kollegen Mattfeld hin vorgeschlagen. Herr Ehmke studiert an der TU Braunschweig seit dem Wintersemester 2001/2002 im Studiengang Wirtschaftsinformatik. Das Vordiplom erreichte er durch zügiges Studium in der hierfür vorgesehenen Zeit. Im Hauptstudium kann er nun sein bereits im Gymnasium erwachtes Interesse für das Thema ,IT und Verkehr' professionalisieren. Er nutzt dazu in vorbildlicher Weise die Möglichkeiten des auf Interdisziplinarität angelegten Kombinationsstudiengangs Wirtschaftsinformatik':

Neben dem Studienschwerpunkt ,Wirtschaftsinformatik' vertiefte er sich im Bauingenieur­wesen in dem Fach ,Städtischer Verkehr'. Herr Ehmke hat in beiden Studienschwerpunkten als Jahrgangsbester mit der Note 1,0 abgeschlossen. Als dritte Vertiefung wählte er in der Informatik das Fach ,Verteilte Systeme'. Auch in dieser Prüfung hat er ,sehr gute' Leistungen gezeigt. Damit hat er sich für die drängenden, informationswirtschaftlichen Frage­stellungen unserer mobilen Gesellschaft hervorragend aufgestellt.

Seit April 2002 ist Herr Ehmke als Studentische Hilfskraft in der Abteilung für ,Allg. Betriebswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftsinformatik' tätig. Er ist mit den Web-Services der Abteilung betraut und hat wiederholt durch innovative Impulse und klar strukturierte Vor­schläge überzeugt. Des Weiteren hat er während des letzten Jahres die Neuorganisation der Fachstudienberatung für den Studiengang ,Wirtschaftsinformatik' maßgeblich mitgestaltet. Neben seinem Studium ist Herr Ehmke technisch, musisch und sozial überaus engagiert: In 1997 gründete er den Verein ,Für Bus Südniedersachsen e.V.' mit dem Ziel der Fahrgastinformation sowie der Koordination von ÖPNV-Linienplänen. Herr Ehmke baute ein Web-Portal auf, organisierte Vorträge und wirkte an der Erstellung von Nahverkehrsplänen mit.

Musisch ist Herr Ehmke am Kontrabass, am Keyboard und im Gesang aktiv. Er ist Mitglied des Kammerchors der St. Sixti Kantorei in Northeim, mit dem er schon mehrfach auf internationalen Konzertreisen war. Im sozialen Bereich setzt sich Herr Ehmke in dem von ihm 2002 mitgegründeten Jugendverband „Nevermind e.V." ein. Er warb mit dem von ihm erarbeiteten Konzept für die Jugendarbeit Fördergelder in Höhe von 140.000 € ein. In allen genannten Bereichen zeigt Herr Ehmke ein gesundes Maß an Integrationsfähigkeit, ohne jedoch seine jeweils hoch gesteckten Ziele in Frage zu stellen. Diese Haltung prädestiniert ihn für eine wissenschaftliche Karriere, für deren Weg der heutige Bürgerpreis sicherlich eine Bestärkung ist.